Schlagabtausch: Windkraft kontra Sylt-Interessen

Energieerzeugung in Form von Offshore-Anlagen vor Sylt fand beim "Thing" weniger Befürworter als Gegner. Rede und Antwort standen zwei Butendiek-Initiatoren, ohne dabei von eigenen Interessensstandpunkten abzurücken. Die Sorge der Sylter um die touristische Zukunft der Insel kam deutlich zum Ausdruck.


Standen den Syltern Rede und Antwort: Hans-Detlef Feddersen und Hans Feddersen, zwei Gründer der Butendiek GmbH; Lehnen die Belastung des Landschaftsbildes vor der Sylter Westküste und Gefahren: Alfred Bartling und Dr. Hans-Joachim Zielinski (v.l.). Fotos: Jakat

Morsum/Sylt (aja) - Windkraft ist zurzeit auf Sylt ein heiß diskutiertes Thema. Dem Aufruf der Söl`ing Foriining und der Morsumer Kulturfreunde zu einem traditionellen "Thing" im Muasem-Hüs zusammenzukommen, folgten über 70 Interessierte. In Anlehnung an den alten Brauch diskutierten Vertreter aus Wirtschaft und Politik sowie Sylter Bürger und Offshore-Gegner drei Stunden lang zahlreiche Aspekte zum Themenkomplex "Projekt Butendiek".

Als erster Redner hatte zunächst Hans-Joachim Fisß Fehlentwicklungen beim Aufbau von Windmühlen angeführt. Seiner Ansicht nach begründen Sündenfälle beim Landschaftsschutz aus den Boom-Jahren die Kritik an der Windenergie. Sein Unbehagen als Elektrotechniker beruhe indes auf dem "Zweifel, dass die Technik hinsichtlich Offshore hinreichend geprüft bzw. ausgereift ist".

"Wenn wir soweit sind, dann sind die Anlagen sicher", entgegnete Hans-Detlef Feddersen von der Butendiek GmbH, der sich zudem auf europäische Beispiele bereits realisierter Windkraftanlagen berief. Sein Mitstreiter Hans Feddersen mutmaßte: "Wir bauen 2007" und verwies auf den Bau zweier Windparks mit 3-Megawatt-Testanlagen bei Husum.

Auf negative Folgen für die Tierwelt angesprochen, sagte Feddersen, Studien zur Umweltverträglichkeit von "Butendiek" belegten, dass derzeit an Land geltende Gesetze und Verordnungen erfüllt würden. Zurzeit untersuchten unter anderem Biologen an fünf Standorten der schleswig-holsteinischen Küste die Anzahl der "Vogel-Schlachtopfer". Hans-Detlef Feddersen dazu: "Man kann sagen, dass die Opfer der Hochspannungsleitungen wesentlich höher liegen als bei Windmühlen."

Alfred Bartling, souveräner Moderator des Wortstreits, beklagte die Gefahren einer Industrie-Landschaft Nordsee. Seine Vorbehalte stützten sich auf insulare Wirtschaftsinteressen: "Wir leben auf Sylt nicht von der Windkraft, sondern von den Gästen."

Kampens Bürgermeister Harro Johannsen erntete viel Zuspruch bei der Verkündung des Gemeindebeschlusses, beim Bundesverfassungsgericht gegen das Windpark-Projekt zu klagen.

Auf dessen Frage, wie die Windanlagen versichert seien, sagte Hans-Detlef Feddersen, dass der Rückbau jeder einzelnen Anlage durch eine Bankbürgschaft gewährleistet sei. Der Stahl fände später im Schiffsbau Verwendung. Doch wolle man daran noch gar nicht denken. Feddersen bekräftigte: "Die Sicherheit ist gegeben, dass finanzielle Mittel zur Verfügung stehen."

Ungläubiges Raunen ging durch die Reihen als Hans-Detlef Feddersen erklärte, im Kontext von Butendiek-Schadensfällen seien selbst die Sylter Vermieter abgesichert. Ebenfalls heftige Reaktionen rief bei den Thing-Teilnehmern seine Aussage hervor, dass die bis zur Rotorspitze 125 Meter hohen Windmühlen "allenfalls als weiße Punkte" im Westen zu sehen seien, was eine "Verschredderung des Horizontes" ausschließe.

Ferner merkte Feddersen an, dass auch Doppelhüllentanker und Katalysatoren nicht auf freiwilliger Basis entstanden seien. Bedenken, dass Sylts Attraktivität als Urlaubsinsel leiden könne, äußerte auch Tourismus-Expertin Barbara Holst, die Vergleiche Sylts mit dänischen Offshore-Standorten kritisierte. Diese seien auf Grund unterschiedlicher touristischer Aufkommen unzulässig.

Zum Stand der Kabeltrassen-Genehmigung befragt, verwies Hans-Detlef Feddersen nach der Pause auf den laufenden "Abwägungsprozess", der sich an Gesprächen, Gutachten und Entwicklungen festmache, die außerhalb des Einflusses der Butendiek GmbH lägen.

Allein gelte es, eine genehmigungsfähige Trasse zu finden. Seitens der DB angeführte "Statikgründe" sprächen gegen Bohrungen am Damm. Dr. Roland Klockenhoff hielt dagegen, dass die Trassenführung durch das Watt gleichfalls fatale Folgen habe, wie Stellungnahmen diverser Naturschutzverbände belegten.

Einen Anschluss von "Butendiek" an das "unterdimensionierte" Sylter Stromnetz wird es nicht geben, sagte Mario Ehrich, der technische Leiter der EVS. Bestehende Netzverbindungen seien sicher und würden, wenn "Butendiek" nicht kommt, auch weiter genutzt.

Abrupt endete das Thing-Treffen, begleitet vom Widerspruch einiger Teilnehmer, deren Stimmung eine Besucherin mit den Worten fasste: "Wir wollen uns nicht einigen, wir wollen die Windmühlen gar nicht!"

Fotos 3/4: Kontroverse Diskussionen: Butendiek-Planer und Windkraft-Gegner kamen ins Gespräch.

(Erscheinungsdatum: Freitag, 26.11.2004 / Sylter Rundschau)

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