Palucca Schule Dresden: poetisch, komisch und locker

In diesem Jahr findet zum sechsten Mal eine Tanzwoche der Palucca Schule Dresden in der "Akademie am Meer" im Klappholttal statt. Für die Freunde des zeitgenössischen Tanzes hielt bereits die Aufführung "Hommage à Palucca" eine Vielzahl an tänzerischen Höhepunkten bereit.


Ausdrucksstark: die Studenten der Dresdner Palucca Schule in der "Akademie am Meer". Foto: Jakat

List/Sylt (aja) - Groß war der Andrang am Dienstag in der "Akademie am Meer". Die Aussicht auf ein künstlerisches Erlebnis mit Tanz und Musik hatte über hundert Besucher in den Ahlborn-Saal kommen lassen, der an diesem Abend bis auf den letzten Platz besetzt war.

Zusammengefasst im Tournee-Programm „Hommage à Palucca“ zeigten sieben Studenten und zwei Absolventen der Dresdner Palucca Schule kurze Tanzarbeiten, zusammengestellt von Hanne Wandtke, Professorin für modernen Tanz an der Schule.

Das Seminar auf Sylt sei im Sinne einer Spurensuche und Ehrung der großen Tanz-Persönlichkeit Gret Palucca zu verstehen, zumal deren letzter offizieller Tanzabend im August 1950 im Ahlborn-Saal stattgefunden habe, sagte die einstige Palucca Schülerin Wandtke. Musikalisch begleitet wurde die Truppe von dem Percussionisten Michael Metzler und dem Saxophonisten Frank Liebscher.

"Meine Tänze haben keinen anderen Inhalt und Sinn als eben den Tanz, die natürliche Bewegung, gestaltet im Gleichklang mit der Musik", lautet eine Definition der legendären Gret Palucca. Die 1993 verstorbene, international anerkannte Tanzpädagogin zählte seit den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu den wichtigsten deutschen Repräsentantinnen des Ausdrucktanzes. Damals hatte die Gründerin der einzigen Hochschule für Tanz in Deutschland bereits eine Karriere als Solotänzerin hinter sich und ihr weiterer Lebensweg sollte von nun an untrennbar mit der Entwicklung des modernen, zeitgenössischen Tanzes verbunden bleiben.

Getreu dem Palucca-Wahlspruch "Wenn ich tanze, dann improvisiere ich", bewiesen die neun Palucca-Eleven im Klappholttal rund neunzig Minuten lang Improvisations- und Ausdrucksstärke. Vier Duette leiteten einen Tanzabend ein, bei dem, wie Hanne Wandtke erläuterte, die Studenten wissen, was sie wollen, aber nicht wie.

Im Gleichklang mit der Musik wurden unterschiedliche Rhythmen und musikalische Stimmungen sodann spontan in fließende Bewegungen übersetzt. Zwei Choreografien präsentierten die Kunstform Ausdruckstanz wie sie von Mary Wigman ("Hexentanz"/kraftvoll) und deren Schülerin Gret Palucca ("Serenata"/elegisch) getanzt wurden – beides Rekonstruktionen, die lediglich eine Annäherung an die großen Vorbilder zulassen, da deren Ehrgeiz darauf zielte tänzerischer Fantasie freien Lauf zu lassen, ohne dabei Wiederholbares zu schaffen.

Bei der Darstellung der Temperamente "melancholisch", "sanguinisch", "phlegmatisch" und "cholerisch" lag die Herausforderung auf der Gestaltung des jeweiligen Bewegungsstils, dem sich die Solisten ebenfalls gewachsen zeigten. Lange, rote Gewänder begleiteten das harmonische Zusammenwirken zweier Tänzerinnen bei der Darbietung „Spiegelbilder“.

Acht Improvisationen mit Masken tanzten etwa den "Schwanenkönig", "Die Verführung" oder "Die schöne Reiterin" und ernteten dafür viel Applaus vom erfreuten Publikum. Das lebhaft-heitere Ende bildete ein Ragtime-Finale, bei dem die Tänzerinnen in froschgrünen Kleidern auftraten, die Tänzer mit Hut und ganz in Schwarz gekleidet. Es wurde über die Tanzfläche gewirbelt, Pirouetten wurden gedreht, Sprünge vorgeführt und sprechende Gestiken gezeigt – natürlich alles barfuss, denn das hat Tanz-Tradition.

Überhaupt stand die tänzerische Beherrschung des Raums, die individuelle Kreativität und Bewegungslust des Einzelnen immer im Vordergrund, was großen Anklang beim Publikum fand und mit viel Schlussapplaus gewürdigt wurde.

Zuletzt überreichte Akademieleiter Hartmut Schiller Hanne Wandtke ein Schiffsmodell der Sylter Palucca – das soll im neuen Haus in Dresden einen Ehrenplatz bekommen.


"Meine Tänze haben keinen anderen Inhalt und Sinn als eben den Tanz..."
(Gret Palucca)

(Erscheinungsdatum: Samstag, 30.07.2004 / Sylter Rundschau)

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