Marcel Reif: Fußball-Reporter mit spitzem Witz

Fußball ist seine Leidenschaft: Marcel Reif gilt nicht nur als bester Fußballreporter Deutschlands, sondern auch als amüsanter Plauderer, was er auch beim "Kampener Literatursommer 2004" überzeugend unter Beweis stellte.

Kam in Begleitung seiner Frau Sandra zum "Kampener Literatursommer": Der Sport-Kommentator und Autor Marcel Reif. Foto: Jakat


Kampen/Sylt (aja) - Als Fußballspieler hat er keine große Karriere gemacht, wohl aber als Sport-Kommentator. Marcel Reif gilt als kompetenter Fußball-Reporter, der in den letzten Jahren beim Pay-TV-Sender Premiere zu erleben ist. Live zu sehen und zu hören war der mit Preisen überhäufte Sportjournalist indes auch am Donnerstag im Kaamp-Hüs, wo er aus seinem Buch „Aus spitzem Winkel – Fußball aus Leidenschaft“ las.

Sein Verleger habe ihn zum Schreiben der Biografie überredet, indem er seine Eitelkeit so gekitzelt habe, dass es auch gejuckt hat, sagte Reif: „Ich dachte am Anfang, was soll das, es gibt nichts zu erzählen.“ Doch habe er mit dem Buch auch Vergangenes aus seinem Leben und seine Familiengeschichte aufarbeiten wollen, so Reif über seine Schreibmotivation.

Der Faszination des Phänomens Fußball erlag der Sohn eines polnischen Juden und einer deutsch-polnischen Katholikin bereits in jungen Jahren. Geboren 1949 im schlesischen Waldenburg, emigrieren seine Eltern mit ihm Mitte der fünfziger Jahre zunächst nach Israel und kurz darauf nach Deutschland, wo Reif zuerst Fan und später dann Spieler des 1. FC Kaiserslautern wurde.

Über fünfzig Besucher waren zu dem abendlichen Lesetermin gekommen, um dem Star-Reporter Reif zwei Stunden lang zuzuhören. Bekannt für seine begeisternden, akrobatischen Wortspiele enttäuschte der Grimme-Preisträger 2003 sein Sylter Publikum nicht. Neben einigen Anekdoten, die seine Journalisten-Laufbahn amüsant illustrierten, legte Reif im Podiumsgespräch mit Sportbuchautor Werner Rudi, auch seine Sicht zu wirtschaftlichen Entwicklungen im Fußball und beim Sport-Fernsehen dar.

Zu aktuellen Geschehnissen bei DFB, zum Vorgang der Trainerfindung für die Nationalmannschaft sowie dem Leistungsstand des deutschen Fußballs, äußerte sich Reif zur Freude der Zuhörerschaft gewohnt scharfzüngig: „Selbst bei großem Nachdenken wäre ich nicht auf Klinsmann gekommen“; oder „Das Beste an der Lösung ist, dass sie nicht von der Bild-Zeitung gemacht ist.“ Auf Otto Rehhagel angesprochen, sagte Reif: „Ich glaube nicht, dass er für den deutschen Fußball eine Lösung gewesen wäre – wir sind nicht so schlecht wie die Griechen.“

Doch drehte sich an diesem Sommerabend nicht alles um das Thema Fußball. Vielmehr hörten die Besucher der Lesung Aufschlussreiches aus der Lebensgeschichte des 54-Jährigen, der mit seiner Familie in Zürich lebt und in Begleitung seiner Frau nach Sylt gekommen war.

Für die Ausbildung seines von Fußball-Fans oft angemerkten kritischen Kommentatoren-Stils sei es etwa wichtig gewesen, dass niemand gekommen sei und gesagt habe: das geht so nicht, erläuterte Reif: „Sonst hätte ich aufgehört. Bei Live-Spielen kann man sich nicht 9o Minuten lang verstellen.“

Das sein sprachliches Talent den Sylter Zuhörern ebenso gefallen hatte wie einst Dieter Kürten, stand am Ende des Abends außer Frage.

(Erscheinungsdatum: Samstag, 04.08.2004 / Sylter Rundschau)

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