"Frei und unabhängig wie eine Katze"

Der Alte Kursaal war voll und die Stimmung gut. Die Komödie "Die Katze" mit Karin Dor in der Hauptrolle amüsierte das Sylter Publikum und sorgte für viel Heiterkeit und Gelächter.


Der Alte Kursaal als Theaterbühne für einen Abend: Christian Claaszen, Stefan Behrens, Kerstin Fernström, Karin Dor, Claudius Zimmermann, Gunther Beth (v.l.). Foto: Jakat

Westerland/Sylt (Angelika Jakat) - Isabella (Karin Dor) ist eine unabhängige Frau um die sechzig und vom Schicksal geläutert. Nach ihrer gescheiterten Ehe will sie das Leben, speziell ihr Liebesleben, noch einmal ganz von vorne starten. Und so lebt sie de facto frei und zielstrebig nach dem Motto: „Heute ist heute und nur heute zählt“. Dazu gehört auch, dass sie ihr Herz nicht mehr nur an einen Mann verliert. Ihr Entscheidungswille wird herausgefordert, als ihr Deiecksverhältnis zerbricht, weil Geliebte wie Verehrer ihr Heirats-Avancen machen.

„Die Katze“ haben Gunther Beth und Barbara Capell ihre Komödie genannt, die im Alten Kursaal am vergangenen Freitag aufgeführt wurde. Regisseur Michael Wedekind lässt den Text lebensnah erscheinen, indem er ihn plakativ in der Lebenswirklichkeit einer so genannten emanzipierten Frau ansiedelt.

Doch aufkeimende Ängste und Sehnsüchte begründen die nur flüchtige Bereitschaft Isabellas, sich erneut fest zu binden. Ein ironischer Rückblick auf ihr Leben, ihre Ehe gipfelt in dem abgeklärten Vergleich mit einem „kalten Büfett“. – Auch sie selbst war verfügbar und offen gewesen, nur nicht für die eigenen Wünsche und Bedürfnisse.

Kein Wunder also, dass die mutige Frau den Unabhängigkeitsdrang der Katze nachahmt, zu ihrem eigenen Ideal macht. Wedekind zeigt trotz aller Komik, dass eine Liaison a` Troi nicht ohne Anstrengung und Konflikte funktioniert, doch ohne dabei zu moralisieren oder anzuklagen.

So bleibt die Stimmung über die fünf Bilder hinweg belustigend und vergnüglich für die Zuschauer. Musikalische Zitate von „Tiger“ Tom Jones („Pussycat“, „She`s a Lady“) unterhielten das Publikum während der Szenenumbauten. Heitere Dialoge und spritzige Gespräche zwischen Isabella und dem älteren, souverän auftretenden Magnus (Christian Claaszen) und dem jüngeren, quirligen Hagen (Gunther Beth), der überdrehten Busenfreundin Charly (Kerstin Fernström) und dem einfallsreichen, smarten Haus-Boy Boris (Stefan Behrens), finden in der hellen aber unpersönlichen Atmosphäre von „Bellas“ Single-Wohnung statt.

Sparsame Requisiten, einziger Beleg für Vergangenheit ist ein Foto der Tochter, veranschaulichen Isabellas Bindungs-Unlust. Mit kleinen, unverbindlichen Gesten und kühlem, festen Tonfall setzt Karin Dor die emotionale Distanz der Frau gegenüber ihren Liebhabern um, der sie sich bewusst wird als die Männer um ihre Hand anhalten. Die Konsequenz, um dem Gefühls-Chaos zu entrinnen: die sofortige Trennung von ihren „zwei Erpressern“.

Überraschend mit ihrer Jugendliebe, dem schlaksigen, jungenhaften Fritz (Claudius Zimmermann) konfrontiert, steigert sich Isabellas Anspannung von Szene zu Szene. Parallel intensivierte sich auch die Leistung des Ensembles, dem zusammen der einhellige Beifall des Publikums gewiss war. Am Ende bleibt Isabella seitens Boris ein Atemholen verwehrt, ebenso wie den Zuschauern ein gewisser Ausgang.

(Erscheinungsdatum: Montag, 14.04.2003 / Sylter Rundschau)

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